Mentale Balance im Pferdetraining

Wenn Mensch und Pferd mental ausbalanciert sind, macht die Arbeit Freude.

Jeder Reiter wünscht sich, dass das Training mit dem Vierbeiner stets so harmonisch wie möglich verläuft. Das Pferd sollte motiviert mitarbeiten und offen für neue Aufgaben sein. Idealerweise sollten Pferd und Reiter:in nach der Arbeit stolz auf sich sein und zufrieden in den Stall oder auf die Weide zurückkehren. Grundvoraussetzung dafür ist eine mentale Balance im Training.

Welche Faktoren spielen dabei eine entscheidende Rolle? Und wie gestaltet man ein Training am geschicktesten, um Stress, Unruhe und Überforderung zu vermeiden?

Wie sich die Tagesform auf die mentale Balance auswirkt

Auch du bist nicht immer gut drauf. Das geht unseren Pferden nicht anders. Die Tagesform spielt eine entscheidende Rolle, wie das Training mit dem Pferd verläuft. Achte also schon vor dem Training darauf wie dein Pferd drauf ist. Schon bei der Begrüßung, dem Aufhalftern, Führen, Putzen und fertig machen kannst du dir einen Eindruck verschaffen. Beobachte deinen Vierbeiner genau, um festzustellen wie die aktuelle Tagesform ist. Wirkt dein Pferd fit, aufgeschlossen und motiviert oder doch eher müde und lustlos? Ist es entspannt und ausgeglichen oder doch aufgeregt und nervös? Sollte dein Pferd einen schlechten Tag haben, solltest du das Training auf jeden Fall anpassen und deine Ansprüche zurückschrauben.

Wichtige Faktoren

Bestimmte Dinge werden immer Einfluss darauf haben, ob ein Training erfolgreich und harmonisch verläuft. Hier fließen z.B. die Haltungsbedingungen, der gesundheitliche Zustand, aber auch die Ausrüstung mit ein. Hat dein Pferd genug Auslauf oder steht es viel in der Box? Wie ist die Herdensituation? Ist es ranghoch oder -niedrig? Findet es genug Ruhe und Schlaf? Wie ist der aktuelle Futterzustand? Ist es etwas mager und ihm fehlt es dadurch an Kraft? Oder schleppt es doch ein paar Kilos zu viel mit sich rum und ist dadurch träge? Ist es gesundheitlich fit und die Ausrüstung passend? Versuche diese Punkte immer wieder so gut es geht zu optimieren, um eine gute Grundlage für ein harmonisches Training zu schaffen.

Dein Pferd als Spiegel

Und wie sieht es mit deiner Stimmung aus? Pferde sind hochgradig sensibel und nehmen es sofort wahr, wenn es ihrem Menschen nicht gut geht oder er schlecht gelaunt ist. Solltest du völlig abgehetzt am Stall ankommen, nimm dir auf jeden Fall genug Zeit zum Ankommen und überrumple dein Pferd nicht. Sei bitte immer ehrlich mit dir selbst, ob ein effektives Training überhaupt möglich ist. Hattest du einen miesen Tag oder dich quälen Kopfschmerzen? Dann solltest du lieber mit deinem Vierbeiner etwas die Seele baumeln lassen und vielleicht nur einen Spaziergang machen, anstatt ein effektives Training anzustreben und an bestimmten Lektionen arbeiten zu wollen.

Optimale Rahmenbedingungen für eine mentale Balance

Auch äußere Einflüsse können entscheidend sein, ob das Training mit deinem Vierbeiner harmonisch verläuft. Versuche eine ruhige, angenehme Arbeitsatmosphäre zu schaffen und Störfaktoren bereits im Vorfeld auszuschalten oder zumindest so gering wie möglich zu halten. Das ist gerade in großen Pensionsställen mit vielen unterschiedlichen Einstellern oftmals nicht einfach, denn leider nimmt nicht jede:r Reiter:in Rücksicht. So können Lärm und Unruhe, aber auch negative Schwingungen, sich schnell kontraproduktiv auf das Training auswirken. Ein laut plärrendes Radio, was auf der Hallenbande steht, lästernde Stallkolleg:innen, die auf der Tribüne sitzen oder auch dein Handy, was für Ablenkung sorgt können solche Störfaktoren sein. Gelingt es die Rahmenbedingungen so optimal wie möglich zu gestalten, hat man auch eine bessere Chance auf mentale Balance im Training.

Fordern aber nicht überfordern

Versuche das Training immer individuell an dein Pferd anzupassen. Die Arbeits- und Entspannungsphasen sollten immer auf das Alter, den Ausbildungs- und Gesundheitsstand des Pferdes abgestimmt sein. Es ist in Ordnung den Vierbeiner auch mal heraus zu fordern, aber auf keinen Fall solltest du ihn überfordern. Eine kleine Prise Ehrgeiz ist in Ordnung, darf aber auf keinen Fall in Verbissenheit ausarten. Dein Pferd sollte immer ein Partner sein und nicht als Sportgerät dienen. Versuche das Training möglichst abwechslungsreich und vielseitig zu gestalten, um es nicht zu langweilen. Kurze Arbeitsreprisen, viel Lob und regelmäßige Pausen helfen eine positive Arbeitsatmosphäre zu schaffen. Pferde wollen grundsätzlich alles richtig machen. Es wird dich nie „veräppeln“ oder ärgern, da hat es gar keinen Grund für.

Wenn der Wurm drin ist

Es gibt Tage, an denen es im Training einfach nicht so recht klappen will. Versuche dich in solchen Situationen nicht festzubeißen. Will eine bestimmte Übung oder Lektion einfach nicht gelingen, stelle zunächst sicher, ob dein Pferd auch versteht, was du dir von ihm wünschst. Beobachte außerdem genau, ob es die gestellte Anforderung überhaupt erfüllen kann. Solltest du an einem Punkt nicht weiterkommen, empfiehlt es sich die Situation zu verlassen und zwischendurch etwas anderes zu machen. Entweder du kehrst zu einem späteren Zeitpunkt im Training darauf zurück und versuchst es mit neuer Kraft und Energie oder du versuchst auf einem anderen Weg ihm zu vermitteln, was du möchtest. Oberstes Ziel sollte immer sein einen guten Trainingsabschluss zu finden. Wirkt dein Pferd am Ende ruhig, zufrieden und ausgeglichen, hast du alles richtig gemacht. Sollte doch mal der Wurm drin sein, ist es keine Schande das Training lieber vorzeitig zu beenden bevor Frust entsteht. Vielleicht gelingt es dir noch etwas zu finden, woran dein Pferd Freude hat und so wieder in mentale Balance zu kommen.

Blog-Beitrag von Andrea Blochwitz
Foto von Stefanie Blochwitz

 
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