So gelingt der Einstieg in die Working Equitation – Teil 2: Trailhindernisse

Faszination Working Equitation – Trailhindernisse

Die Working Equitation ist eine sehr beliebte und relativ neue Turnierdisziplin. Im ersten Teil hat Trainerin und Hillbury Partnerin Andrea Blochwitz einen kleinen Überblick gegeben, wo der Ursprung der Working Equitation liegt, wieso es auch für Reiter ohne Turnierambitionen gut geeignet ist, welche Vorteile es für eine vielseitige Pferdeausbildung bietet und welche Grundvoraussetzungen erfüllt werden sollten, bevor man startet.


Im zweiten Teil werfen wir einen Blick auf einige Trailhindernisse, die besonders gut für Neulinge in dieser Disziplin geeignet sind. Wie kann man die Hindernisse mit einfachen Mitteln nachbauen? Wie reitet man sie korrekt und was sollte im Training beachtet werden?

Der einfache Slalom

Der einfache Slalom ist meiner Meinung nach am besten für den Einstieg in die Trailarbeit geeignet. Das Hindernis besteht aus mindestens fünf Stangen (alternativ kann man Pylonen nehmen), die in einer Reihe aufgestellt werden. Der Abstand beträgt 9m (bei der Klasse M und S 6m). Beim Slalom sollen die Stangen in gleichmäßigen Bögen umrundet werden. Wichtig ist hierbei immer genau die Mitte zwischen den Stangen zu treffen, dort das Pferd geradezurichten und umzustellen. Auch der seitliche Abstand zu den Stangen sollte immer gleichbleiben. Zu Beginn würde ich so flach wie möglich durch den Slalom reiten, also eher wie Schlangenlinien. Hier empfiehlt sich ein seitlicher Abstand zu den Stangen von 1 bis 2m. Umso bauchiger man die Bögen reitet, um so anspruchsvoller wird es.

Der Slalom wird im Turnierwettbewerb nur in der Klasse E im Trab geritten, dabei sollte man aussitzen. Ab der Klasse A wird er im Galopp absolviert. Es wird immer auf der Hand galoppiert, die dem Bogen entspricht. Mit jedem Richtungswechsel muss also ein Handwechsel mittig zwischen den Stangen ausgeführt werden. In der Klasse A über Schritt oder Trab, in der Klasse L mit einfachem Galoppwechsel, ab Klasse M mit fliegendem Wechsel. Wichtig beim Slalom ist eine deutliche Stellung und Biegung des Pferdes, außerdem sollten Takt und Tempo möglichst gleichmäßig bleiben.

Der einfache Slalom eignet sich besonders gut als Einstieg in die Trailarbeit.

Tipp:

Der Slalom eignet sich perfekt, um Variationen einzubauen. So kann man wunderbar Übergänge, Halten, Rückwärtsrichten und Volten mit einfließen lassen. Auch in Seitengängen (Schenkelweichen oder Traversalen) kann man den Slalom reiten.

Die zwei Tonnen

Auch das Hindernis „Die zwei Tonnen“ eignet sich sehr gut für Working Equitation Beginner. Es besteht aus zwei Tonnen, die in einem Abstand von 6m (Klasse E, A und L) aufgestellt werden. In der Klasse M sollte der Abstand 4m betragen, in der Klasse S sogar nur noch 3m. Gemessen wird vom Mittelpunkt der Tonnen aus. Alternativ zu Tonnen kann man auch andere Gegenstände nutzen, die möglichst stabil sind. Zum Einstieg können auch zwei Pylonen ausreichen.

Das Hindernis wird in der Klasse E im Trab geritten, ab der Klasse A wiederum im Galopp. Je nach Klasse sollte der Übergang über Trab, Schritt oder mit fliegendem Wechsel erfolgen. Gestartet wird, indem man möglichst gerade auf die Mitte zwischen die beiden Tonnen zureitet. Dann erfolgt immer zuerst eine Volte nach rechts. Nach der Rechtsvolte wird beim Überreiten der Mittellinie das Pferd geradegerichtet und umgestellt für die Volte nach links. In der Mitte erfolgt im Galopp auch der Wechsel. Nach der Linksvolte sollte man möglichst exakt wieder den Mittelpunkt zwischen den beiden Tonnen treffen und reitet auf einer gedachten Mittellinie wieder geradeaus.

Die Volten sollten ein Durchmesser von 6 bis 8m haben (in der Klasse M 4m und in der Klasse S 3m). Auch hier sind eine korrekte Stellung und Biegung des Pferdes, sowie saubere Linienführung erwünscht. Dies wird, Aufgrund der natürlichen Schiefe des Pferdes, zu einer Seite besser gelingen und zur anderen Seite schwieriger sein. Die Übergänge sollten möglichst flüssig gestaltet werden. Umso kleiner der Abstand zwischen den Tonnen, umso kleiner müssen auch die Volten angelegt werden, dies setzt eine gute Versammlungsbereitschaft vom Pferd voraus.

Bei diesem Trailhindernis wird auf gute Stellung und Biegung, aber auch auf genaue Linienführung geachtet.

Tipp:

Ein sauberer und gerader Ein- und Ausritt in das Hindernis, sowie das exakte Geraderichten zwischen den beiden Volten wird auf dem Turnier mit einer höheren Bewertung belohnt. Auch ohne Turnierambitionen würde ich auf eine saubere Linienführung achten. Im Training kann man sich zusätzlich Pylonen auf der gedachten Mittellinie platzieren, so hat man eine bessere, optische Orientierung und verhindert, dass das Pferd abkürzt, weil es die Übung schon kennt.

Die Brücke/ Die Plane

Die Brücke sollte mindestens 2m lang sein, 1,20m breit und höchstens 50cm hoch. Sie muss so stabil gebaut sein, dass keine Gefahr für Pferd und Reiter besteht. Außerdem sollte man darauf achten, dass der Belag rutschfest ist. Eine seitliche Begrenzung macht das Überqueren in der Regel etwas einfacher. Die Brücke wird immer im Schritt geritten (außer im Speedtrail). Vor und nach der Brücke werden Pylonen als Markierung aufgestellt. Der Übergang zum Trab bzw. Galopp erfolgt immer vor bzw. nach dem Durchqueren der Pylonen. Das Überqueren der Brücke sollte möglichst gelassen und flüssig sein, das Pferd sollte nicht stehen bleiben oder zögern. Wer keine Brücke zur Verfügung hat, kann sich mit einer Plane behelfen. Diese sollte trocken sein, damit keine Rutschgefahr besteht und aus festem Material. An den Seiten wird die Plane mit Stangen oder Ähnlichem beschwert, denn ein plötzliches Hochflattern der Plane könnte so manches Pferd schnell in Panik versetzen.

Das Pferd sollte möglichst willig und flüssig die Brücke überschreiten.

Tipp:

Ich würde mir im Training immer die Zeit nehmen, dem Pferd die Brücke ganz in Ruhe zu zeigen. Natürlich ist anschauen und schnuppern erlaubt. Allerdings finden die wenigsten Pferde eine Brücke so unheimlich, wie ihre Reiter zunächst denken. Hat man doch einen Angsthasen, kann es helfen vom Boden aus gemeinsam die Brücke zu überqueren. Vielen Pferden gibt es Sicherheit, wenn ihre Bezugsperson vorweg geht. Oder aber man nutzt den Herdentrieb und lässt ein routiniertes Pferd vorweg gehen und hängt sich möglichst dicht hinten an. Wichtig ist es in solchen Situationen immer die Ruhe zu bewahren, seinem Pferd Zeit zu geben und kleine Schritte in die richtige Richtung zu loben. Wenn es seine Furcht überwunden hat und die Aufgabe versteht, wird es schnell Spaß daran haben.

Becher umsetzen

Für dieses Hindernis benötigt man zwei Stangen von ca. 2m Länge, die in einem Abstand von 1,20m aufgestellt werden. Hierfür eignen sich besonders gut Stäbe aus dem Fußballtraining oder aber man nutzt zwei Hindernisständer. Auf einem der beiden Stäbe wird ein umgestülpter Becher (oder eine kleine Pylone) gesetzt. Vor und hinter dem Hindernis werden, wie bei der Brücke auch, Pylonen zur Markierung platziert. Vor der Markierung erfolgt der Übergang zum Schritt, man reitet gerade und mittig zwischen die Stangen und kommt dort zum Halten. Das Pferd sollte ruhig und geschlossen stehen. Der Standpunkt muss so gewählt werden, dass der Reiter den Becher leicht von einem Stab auf den anderen umsetzen kann. Das Pferd sollte sich hierbei möglichst nicht bewegen. Anschließend reitet man gerade im Schritt wieder heraus und trabt oder galoppiert, nachdem das Pferd komplett die Markierung durchquert hat, wieder an.

Beim Becher umsetzen sollte das Pferd möglichst ruhig und geschlossen stehen bleiben. Simona Wolf mit ihrem Arabisch Partbred Wallach „Somebody to love“.

Tipp:

Bei der Working Equitation gibt es immer eine „Arbeitshand“ und eine „Zügelhand“. Während eines Wettbewerbs muss man bei derselben Arbeitshand bleiben, die in diesem Fall das Becher umsetzen ausführt, und darf diese nicht wechseln. Sollte der Becher runterfallen oder ein Stab/Ständer umfallen, muss der Reiter absteigen und diesen wieder aufheben/ aufstellen.

Der Krug

Für dieses Trail Hindernis benötigt man einen ca. 1m hohen, freistehenden Tisch oder aber eine Tonne. Auf dem Tisch steht ein Krug, der mit Sand oder Wasser gefüllt ist. Das Paar reitet den Tisch in der geforderten Gangart an. Kurz vor dem Tisch erfolgt der Übergang zum Schritt und das Pferd kommt auf Höhe des Tisches zum ruhigen, geschlossenen Stehen. Der Reiter sollte den Standpunkt so wählen, dass das Pferd sich nicht bewegen muss, um den Krug anzuheben. Der Krug wird gut sichtbar angehoben und dann wieder zurück auf den Tisch gestellt. Anschließend reitet man wieder im Schritt an und setzt seinen Trail Parcours in der gewünschten Gangart fort. Der Krug kann auch durch eine gefüllte Flasche oder eine Pylone ersetzt werden.

Wird der Krug im Wettbewerb nicht angehoben führt das leider zur Disqualifikation. Fällt der Tisch um oder der Krug zu Boden bevor der Reiter das Hindernis verlassen hat, muss der Reiter absteigen und diesen wieder aufstellen bzw. den Krug wieder aufheben und vom Pferd aus auf den Tisch abstellen.

Bei diesem Trailhindernis sind Ruhe und Gelassenheit gefragt.

Tipp:

Ein ruhiges, geschlossenes Stehen ist im Stiltrail nicht nur gerne gesehen, es gibt auch immer bessere Noten auf dem Turnier. Die Vorbereitung zur Haltparade ist dabei die halbe Miete. Verkürze vorher schon die Schritte und versuche die Hinterhand deines Pferdes mit Hilfe des Schenkels heranzuschließen. Steht dein Pferd mit einem Hinterbein nach hinten heraus, beginne so früh wie möglich damit es zu korrigieren. In der Regel verstehen die Pferde schnell, dass ein geschlossenes Stehen gewünscht ist und korrigieren sich später auch selbst.

Die Glockengasse

Für dieses Working Equitation Hindernis benötigt man zwei Balken oder Stangen von ca. 4m Länge, sie sollten 5 bis 60cm erhöht über dem Boden liegen. Die Gasse zwischen den beiden Stangen sollte eine Breite von 1,50m (Klasse E, A und L) oder 1,20m (Klasse M und S) haben. Am Ende der Gasse wird ein Glöckchen in ca. 2m Höhe angebracht. Vor der Glockengasse werden die bereits bekannten Pylonen als Markierungspunkte aufgestellt.

Vor dieser Markierung wird zum Schritt durchpariert, um im ruhigen, flüssigen Tempo in die Gasse einzureiten. Am Ende sollte das Pferd zum Halten kommen. Der Reiter läutet nun die Glocke, während das Pferd ruhig wartet und sich möglichst nicht bewegt. Anschließend wird die Gasse rückwärts wieder verlassen, bis die Vorderbeine des Pferdes, die Markierung verlassen haben. Das Rückwärtsrichten sollte möglichst gerade und diagonal erfolgen, außerdem sollte das Pferd sich dabei weder aus der Anlehnung herausheben, noch abtauchen. Wird auf dem Turnier die Glocke nicht geläutet, führt das leider zum Ausschluss.

In der Glockengasse wird viel Gehorsam und Konzentration von Pferd und Reiter verlangt. Sylvia Schröder mit ihrem Friesenwallach Tibor.

Tipp:

Ab der Klasse A kann die Glockengasse auch als „L“ gefordert werden. Das Rückwärtsrichten um „die Kurve“ ist schon deutlich anspruchsvoller. Als Reiter kannst du dein Pferd unterstützen, indem du Einfluss auf seine Vorhand nimmst. Führst du die Vorhand z.B. nach rechts, schwenkt die Hinterhand automatisch nach links. Die meisten Pferde verstehen sehr schnell diese Aufgabe, sie geben auf sich acht und sind auch im rückwärts sehr geschickt. Achtung: Schnell automatisieren sich die Abläufe in der Glockengasse und das Pferd spult von alleine sein Programm ab! Dabei wird es oftmals zu schnell und hektisch und es können leichter Fehler passieren. Um dies zu verhindern würde ich im Training möglichst viel den Ablauf variieren, z.B. mal nur im Schritt durchreiten oder im Rückwärts immer mal wieder kurz anhalten. So muss dein Pferd dir immer wieder zuhören und übernimmt nicht das Programm.

Sidepass- Seitwärts über die Stange

Dieses Trailhindernis ist tatsächlich anspruchsvoller, als es zunächst erscheint. Jedoch ist es eine hervorragende Überprüfung, ob das Pferd die seitwärtstreibende Hilfe verstanden hat. Aus diesem Grund würde ich auch Working Equitation Neulingen schon recht früh empfehlen dieses Trail Hindernis zu üben.

Benötigt wird eine ca. 4m lange Stange, die ca.5cm über dem Boden angebracht ist. Der Ein- und Ausritt ist im Wettbewerb durch Markierungspunkte gekennzeichnet. Auch die Kopfrichtung des Pferdes wird meistens vorgegeben. Der Sidepass wird möglichst gerade angeritten in der geforderten Gangart. Vor den Markierungspunkten wird zum Schritt durchpariert. Die Hinterhand wird vor der Stange gedreht, damit das Hindernis im Schenkelweichen (Klasse A und L) oder im Travers (Klasse M und S) bewältigt werden kann. Hierbei muss sich die Stange über die gesamte Länge zwischen den Vorder- und Hinterbeinen des Pferdes befinden und sollte nicht berührt werden. Ein deutliches Kreuzen der Vorder- und Hinterbeine sollte erkennbar sein.

Nach der Stange wird das Pferd wieder geradegerichtet und die Markierungspunkte im Schritt durchritten. Erst danach gilt das Hindernis als bewältigt. Tritt das Pferd im Working Equitation Wettbewerb vor oder hinter die Stange, wird das Hindernis von dieser Stelle aus korrekt beendet. Der Sidepass kann auch aus mehreren Stangen bestehen oder als „L“ aufgebaut werden. Das Seitwärts durch die Kurve des „L“ ist noch anspruchsvoller.

Der Sidepass ist eine perfekte Überprüfung, ob das Pferd die seitwärtstreibende Hilfe gut verstanden hat.

Tipp:

Der Sidepass erfordert volle Konzentration von Pferd und Reiter. Hilfreich kann es sein, das Hindernis dem Pferd zunächst vom Boden aus zu erklären. Vom Sattel aus kannst du dein Pferd gut mit den Gewichtshilfen unterstützen. Stelle dir hierbei vor, du gleitest mit deinem Gesäß über die Stange und nimmst dein Pferd mit. Hat dein Pferd die Übung verstanden, achtet es in der Regel selbst darauf, die Stange nicht zu berühren. Vertraue in diesem Fall deinem Pferd und lass es machen, eine unnötige Einwirkung des Reiters wirkt sonst oftmals störend. Manche Pferde werden beim Sidepass auch schnell etwas übereifrig und hektisch. Hier hilft es Ruhe zu bewahren und auf das Gleichmaß der Bewegung zu achten.

 

Blog-Beitrag von Andrea Blochwitz
Fotos von Stefanie Blochwitz (stefanieblochwitzfotografie.ch),
Gerda Blochwitz und Nele Paasch

 
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