Hillbury Basics: Das Pferd richtig treiben – in allen Gangarten

richtiges Treiben, Reiterhilfen

Richtiges Treiben ist wichtig, um das Pferd in seinem Bewegungsablauf nicht zu stören.

Du willst lernen, dein Pferd richtig zu treiben? Dann vergiss erst einmal folgende Aufforderungen, die du vielleicht aus dem Reitunterricht kennst:

– „Fußspitzen nach innen!“
– „Steigbügel autstreten!“
– „Knie zu!“
– „Absätze tief!“
– „Wische im Galopp den Sattel aus!“

Die ersten vier werden mit großer Wahrscheinlichkeit deinen Sitz blockieren, weil du deine Fußgelenke und Knie steif machst, wenn du versuchst, sie auszuführen. Damit wirst du unbeweglicher und kannst keine Hilfen mehr geben, die dein Pferd wirklich unterstützen. Und der fünfte Ratschlag behindert dein Pferd aktiv in der Bewegung statt es zu unterstützen.
Und damit sind wir bei der Voraussetzung, um richtig zu treiben: dein Sitz. Genauer: ein Sitz, der dein Pferd nicht stört.
Eigentlich ist richtiges Treiben nicht schwer zu verstehen: Du gibst mit dem Schenkel Impulse, die dein Pferd zu mehr Vorwärts oder Seitwärts veranlassen sollen. Dein Sitz nimmt die Bewegungen des Pferderückens – von oben nach unten, vor und zurück und von links nach rechts – auf. Sitzt du locker und balanciert, hängen deine Beine aus deinen Hüftgelenken entspannt an den Seiten des Pferdes herab; seine Bewegungen bringen dein Becken und deine Beine fast automatisch in die Position, um zum richtigen Zeitpunkt zu treiben. Deine Beine schwingen zum Pferderumpf hin und wieder weg. Richtiges Treiben ist damit unaufwändig und hat nichts mit Kraft zu tun.

Die Position von Hüfte und Beinen

Ist der funktionale Sitz die Grundlage für richtiges Treiben, dann ist das Becken die Basis für diesen funktionalen Sitz: Wir sitzen auf unseren Sitzbeinen gerade im Sattel und sind in der Lage unser Becken nach vorn und nach hinten zu kippen: Bei ersterem führt das zu einem Hohlkreuz, bei letzterem zu einem runden Rücken – die Bewegung ist so, als würden wir uns auf die Gesäßtaschen der Reithose setzen wollen. Mit einem solchen mobilen Becken können wir den Bewegungen des Pferderückens folgen. Unsere Beine hängen herab – der Unterschenkel liegt am Gurt.

Wie treibt man sein Pferd also richtig?

Die treibenden Hilfen der Beine ergeben sich aus den Bewegungen der Hüfte. Wir treiben mit der Hinterseite der Wade – sind die Fußspitzen zu stark nach innen gedreht, dann würden wir die seitliche Wade nutzen. Wir geben einen Impuls und setzen die treibende Hilfe dann wieder aus; das passiert fast automatisch, da der Rumpf von unserem Bein wieder wegschwingt. Das ist dann gleichzeitig die Rückmeldung ans Pferd, dass es sich korrekt verhalten hat: Wenn wir durch das Treiben mehr Vorwärts erhalten, müssen wir die Hilfen, das heißt den Schenkeldruck, aussetzen.
Die Fußgelenke sind locker, wir stehen mit dem Fußballen im Steigbügel, die Fußspitzen zeigen nach vorn und leicht nach außen. Unsere Knie liegen locker am Sattelblatt an.
Damit können wir minimale Hilfen geben und sie bei Bedarf verstärken. Im fortgeschrittenen Reiten bedeutet das Treiben dann nicht nur „vorwärts bitte“, sondern auch „tritt mehr unter“ oder „ein aktiveres Hinterbein bitte“.

Die Biomechanik hinter den treibenden Hilfen

Biomechanisch ist es so, dass der treibende Schenkel die Bauchmuskulatur auf der jeweiligen Seite anspricht. Sie zieht sich zusammen und holt das gleichseitige Hinterbein nach vorn. Es ist deswegen nicht sinnvoll, beidseitig zu treiben, da in den normalen Gangarten des Pferdes nicht beide Hinterbeine gleichzeitig nach vorn treten. Hier erschließt sich auch, warum man keinen Dauerdruck mit dem Schenkel machen sollte – zur natürlichen Bewegung gehört das An- und Abspannen der Muskulatur. Diesen Impuls wollen wir mit dem Treiben unterstützen, wir folgen ihm. Ein klemmiger Schenkel erlaubt dem Pferd das Abspannen nicht (was das Pferd natürlich trotzdem tut) und damit wird die Hilfe widersinnig.

Treiben – aber ohne hochgezogene Absätze und klemmige Knie

Hochgezogene Absätze und klemmige Knie bedeuten nicht nur permanent treibende Hilfen – zum falschen Zeitpunkt. Sie verhindern auch einen elastischen Sitz mit mobiler Hüfte und damit korrektes, unaufwändiges Treiben. Viele Pferde werden dann eher langsamer und zäher, statt frei vorwärts zu gehen. Nach innen gedrehte Fußspitzen können dazu führen, dass sich die Knie nach innen und die Oberschenkel nach außen drehen. Damit spreizt man die Waden regelrecht vom Pferd ab.

Richtiges Treiben in allen Gangarten

Wenn du zum richtigen Zeitpunkt treibst, erleichterst du deinem Pferd das Verständnis für die Hilfe. Im Schritt ist das recht einfach zu spüren: Das Vorschwingen der Hinterbeine des Pferdes lässt deine Hüfte auf der jeweiligen Seite etwas absinken, weil der Rücken sich absenkt und der Rippenbogen des Pferdes auf die andere Seite herüberschwingt – er macht Platz für das Hinterbein, das nach vorn kommt. Sitzt zu locker, spürst du, wie dein Bein automatisch an den Rumpf des Pferdes schwingt. Das verstärkst du. So treibst du wechselseitig im Takt und zum richtigen Zeitpunkt im Schritt. Im Trab ist die deutlichste Bewegung die eines wechselseitigen Anhebens und Senkens deiner Sitzbeine. Wie im Schritt treibst du mit dem gleichseitigen Bein, wenn deine Hüfte tiefer kommt. Im Galopp kannst du spüren, wie der Handgalopp deine innere Hüfte etwas mehr nach vorn holt als die äußere – das liegt daran, dass das innere Vorder- und Hinterbein im Handgalopp mehr ausgreifen als die äußeren. Jetzt ist der Galopp eine Sprungbewegung – und der richtige Impuls zum Treiben des inneren Hinterbeins erfolgt dann, wenn du spürst, dass du nach vorn unten gesetzt wirst. Dann ist das Gewicht des Pferdes auf den Vorderbeinen und die Hinterbeine frei, um nach vorn zu springen.

Treibende Hilfen: Do’s

  • Treibe nicht dauerhaft, sondern mit Impulsen und setze die Hilfen aus, wenn dein Pferd reagiert
  • Verstärke den Schenkel bei Bedarf mit der Gerte statt mehr mit dem Schenkel zu pressen oder zu quetschen
  • Treibe abwechselnd mit dem linken und dem rechten Bein

Treibende Hilfen: Don’ts

  • Treibe nicht mit den Fersen, indem du die Fersen hochziehst
  • Treibe nicht dauerhaft
  • Klemme nicht mit den Beinen
  • Schiebe nicht mit dem Becken und schaukele nicht mit dem Oberkörper
 
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