Freiarbeit Pferd – zwischen Kontrolle und Vertrauen

Pferd und eine Frau

Der wichtigste Tipp, wie du dein Pferd bei dir behälst.

Die Freiarbeit mit dem Pferd: Wir kennen sie die beeindruckenden Freiarbeitsbilder aus Shows und Social Media. Mensch und Pferd vereint, die gemeinsam Spaß haben. Oder sogar eine Pferdeherde, die ihrem Menschen überall hin folgt, die sich wie von Zauberhand in Formationen formt und eine Einheit bildet.

So schön diese Eindrücke auch sind – gerade hinter der Freiarbeit für die Öffentlichkeit stecken harte Arbeit und jede Menge Disziplin. Die Pferde werden punktgenau für ihre Auftritte trainiert, damit der Eindruck von Leichtigkeit entstehen kann. Und wird die Freiarbeit am Seil vorbereitet, können wir Menschen unsere Pferde schlicht darauf konditionieren, indem wir gewisse Übungen am losen Rope gezielt vorbereiten. 

Viele Pferde bleiben dann fast automatisch, da sie es nicht anders kennen. Gehen sie dann doch, können wir ihnen diese Entscheidung gezielt erschweren und Druck aufbauen, um sie ihnen unangenehm zu machen. So lernt das Pferd dann, beim Menschen zu bleiben – freiwillig ist das dann allerdings nicht.

Wer Freiarbeit mit seinem Pferd machen will, sollte sich also darüber im Klaren sein, wie viel er erwartet und wie viel er einfach zulassen will. Ob er sich auch ohne Seil Gehorsam und Präzision wünscht, oder, ob er lieber ein gleichberechtigtes Spiel anstrebt, bei dem sich das Pferd auch mal verabschieden darf.

Das freie Spiel 

Für das freie Spiel gelten nur wenige Regeln. Wichtig ist eigentlich nur, dass unser Pferd weiß, dass es uns nicht einfach überrennen darf. Ansonsten sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt: gemeinsames Ruhen, synchronisiertes gemeinsames Gehen oder Spiele in höherem Tempo, zum Beispiel das Springen über kleine Hindernisse – all das ist möglich.

Bewegung des Pferdes

Wünschen wir uns etwas mehr und wollen die Bewegungen des Pferdes beeinflussen, brauchen wir Kontrolle über zwei Dinge: die Vorhand und die Hinterhand des Pferdes. Wir wollen das Pferd sowohl von uns wegschicken können, zum Beispiel um etwas mehr Abstand herzustellen. Wir wollen es aber auch über die Distanz wieder zu uns hereinziehen können. Wegschicken und zu uns ziehen (drive und draw) können wir tatsächlich beide Körperteile, Vorhand wie Hinterhand. Ich kann zum Beispiel Vorhand wie Hinterhand in Seitengängen weichen lassen – von mir weg, aber auch zu mir hin.

Ein Problem, das oft auftaucht: Wir sind zwar in der Lage, die Hinterhand zu beeinflussen und weichen zu lassen, wir haben aber keinen „Draw“, sprich, wir können das Pferd nicht zu uns zurückholen. Uns ist die Kontrolle über die Vorhand abhanden gekommen. Losgelöst vom Körperteil bedeutet das, dass das Pferd lieber weg von uns als bei uns ist.

Verständigung 

Manchmal handelt es sich einfach um ein Verständnisproblem. Dann sollten wir das Pferd am Seil zu uns einladen, indem wir rückwärts gehen, den Bauchnabel nach hinten zur Wirbelsäule ziehen und uns damit etwas kleiner machen. So können wir das Pferd immer wieder zu uns einladen und das Seil unterstützt dabei, wenn unsere Körpersprache nicht ausreicht und schafft Klarheit. Denn Blicke, eine aufrechte Körperhaltung und eine hohe Körperspannung reichen schon aus, um sensible Pferde davon abzuhalten zu uns zu kommen – auch wenn wir das gerne hätten.

Fazit

Wir sollten uns nicht nur auf die mechanische Lösung konzentrieren, sondern allgemein an der Verbindung zum Pferd arbeiten und ihm zeigen, dass es in unserer Nähe angenehm ist. Gemeinsame Pausen, zusammen herumstehen und nichts tun, Spazieren gehen und das Pferd grasen lassen: Momente, in denen wir rein gar nichts vom Pferd fordern, sondern auf seine Bedürfnisse eingehen, stärken die Bindung enorm und machen in der Konsequenz dann auch die Freiarbeit leichter und für beide Seiten spaßiger.


Blog-Beitrag von Nadja Müller

 
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