Gymnastizierende Arbeit mit dem Kappzaum

Andrea Blochwitz, liz. Trainerin B für klassisch- barocke Reiterei und ihr Welsh Cob Wallach „Arvalon Mardi Grass“ nach der Arbeit am Kappzaum

Ein Kappzaum ist das ideale Hilfsmittel dein Pferd vom Boden aus zu gymnastizieren und gesund zu erhalten. Außerdem kannst du junge Pferde schonend an neue Aufgaben, Hilfen und Lektionen heranführen und hast es später unter dem Sattel deutlich leichter. Für kranke oder alte Pferde ist die Kappzaumarbeit am Boden eine tolle Möglichkeit, es ohne Reitergewicht wieder anzutrainieren bzw. fit zu halten.
In diesem Gastbeitrag hat Andrea Blochwitz, liz. Trainerin B für klassisch-barocke Reiterei ein paar Tipps und einfache Übungen für dich und dein Pferd, aus der Praxis für die Praxis zusammengestellt.

Bevor es losgeht

Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Arbeit mit dem Kappzaum ist zunächst die Auswahl des richtigen Modells und die Passform. Mit einem schlecht sitzenden und rutschenden Kappzaum ist keine effektive Arbeit und Gynmastizierung möglich. Hier bist du mit einem Kappzaum von Hillbury auf jeden Fall richtig bedient. Bei der Auswahl helfen dir die Größentabellen oder du kannst dich von den Mitarbeitern beraten lassen. Außerdem ist es möglich dir einen Kappzaum zur Probe zu bestellen. Desweiteren benötigst du ein Führseil bzw. ein leichtes Seil für die Kappzaum-Arbeit für feine Signale und eine Gerte. Die Gerte sollte so lang sein, dass du bequem dein Pferd mit der Gertenspitze an der Hinterhand berühren kannst, wenn die Gertenhand im Schulterbereich ist.

Ohne einen gut passenden Kappzaum ist keine effektive Arbeit möglich

Grundvoraussetzung

Ohne ein gut abgesichertes ABC ist Kappzaumarbeit nicht möglich. Das heißt, dein Pferd sollte unbedingt gelernt haben auf dich zu achten und dir zu zuhören. Es sollte Abstand halten, sich sicher führen, anhalten und rückwärts richten lassen. Sollte es hier schon Schwierigkeiten geben, würde ich dir unbedingt raten, den Grundgehorsam noch einmal abzusichern.

Safety first

Bitte achte bei der Arbeit mit dem Kappzaum immer auf deine Sicherheit. Pferde sind Fluchttiere und auch das bravste Pferd kann sich einmal erschrecken. Ich rate deshalb unbedingt zum Tragen von Handschuhen und festem Schuhwerk. Sorge außerdem für eine optimale Arbeitsatmosphäre:
ein entspanntes Umfeld, ein eingezäunter Reitplatz, Halle oder auch Koppel mit trittfestem Boden.

Dein Pferd sollte auf dich achten und dir „zuhören“

Stellung und Biegung

Ein wichtiger Baustein für eine erfolgreiche gymnastizierende Arbeit am Kappzaum ist, dass dein Pferd schon Stellung und Biegung kennen gelernt hat. Auch das Absinken lassen des Kopfes solltest du möglichst sicher abrufen können. Hier ist der Kappzaum das perfekte Hilfsmittel. Mit Hilfe von Abbiegeübungen im Halten kannst du dies ganz leicht mit deinem Pferd üben. Aber Vorsicht: Stellung bezeichnet die Nachgiebigkeit im ersten und zweiten Halswirbel, also viel weniger, wie viele Reiter denken. Achte außerdem darauf, dass dein Pferd sich nicht im Genick verwirft. Beobachte die Ohren von deinem Pferd, die Spitzen sollten möglichst auf einer Höhe bleiben. Treten hier Schwierigkeiten auf und du hast das Gefühl, deinem Pferd fällt es schwer sich zu stellen, würde ich es auf jeden Fall osteopathisch durchchecken lassen. Viele Pferde sind schnell im Genick blockiert und es wäre unfair und schädlich dies zu ignorieren und darüber hinweg zu arbeiten.

Ohne Stellung keine Biegung – Der Kappzaum hilft dir deinem Pferd diese wichtigen Bausteine zu erklären

Vorhandwendung

Die Vorhandwendung ist eine hervorragende Übung um deinem Pferd die seitwärtstreibende Hilfe zu erklären und ihm verständlich zu machen, der Gerte zu weichen. Du startest mit deinem Pferd in der Bahnmitte. Ziel ist es, das die Hinterhand in ruhigen gleichmäßigen Schritten um die Vorhand herum tritt. Die Vorhand sollte sich in kleinen Schritten mitbewegen und auf keinen Fall stehen bleiben und drehen. Wenn die Hinterhand links herum um die Vorhand wenden soll, führst du das Seil in der linken Hand, möglichst dicht am Kappzaum. Die Gerte in der rechten Hand. Die Gertenspitze zeigt auf Höhe des Pferdeknies. Du stehst deinem Pferd wie einem Tanzpartner gegenüber und etwas rechts versetzt am Kopf. Wenn du den Kopf leicht zu dir nimmst, „schwenkt“ die Hinterhand automatisch weg von dir. Begleitet wird das Ganze durch ein Stimmkommando (z.B. „Rum“). Wenn dein Pferd nicht reagiert, kannst du es mit der Gerte leicht berühren. Wundere dich nicht, wenn die Schritte zunächst noch staksig und ungleichmäßig sind. Übung macht den Meister! Diese Übung schult perfekt Körpergefühl und Balance und ist eine optimale Vorbereitung für die Seitengänge.

Seitliches Übertreten

Hat dein Pferd die Vorhandwendung verstanden, kannst du die Linie größerer werden lassen und dich mit deinem Pferd vorwärts- seitwärts auf einem Kreis mit bewegen. Dabei soll dein Pferd im Genick leicht nach innen gestellt sein, im Körper darf es relativ gerade bleiben. Das innere Hinterbein soll mit möglichst langen weiten Schritten zum äußeren Vorderbein unter den Schwerpunkt schreiten. Achte auf ruhige, gleichmäßige Schritte und mache zunächst nur kurze Reprisen. Diese Übung ist körperlich anstrengend und sehr effektiv. Die Bauchmuskeln müssen arbeiten und die äußere Körperhälfte wird gedehnt. Außerdem ist es echte Kopfarbeit und fordert volle Konzentration von deinem Pferd. Lege immer wieder Pausen ein, um es über das neu gelernte nachdenken zu lassen. Klappt diese Übung gut, ist dein Pferd optimal für das Schulterherein vorbereitet.

Aus dem seitlichen Übertreten kannst du ein Schulterherein entwickeln

Zur Gerte hin

Du kannst deinem Pferd nicht nur beibringen, der Gerte zu weichen, sondern auch zur Gerte hin zu kommen. Hierfür gehst du mit deinem Pferd an der Bande oder dem Zaun entlang. Durch diese äußere Begrenzung ist es zunächst leichter dich deinem Pferd verständlich zu machen. Du gehst rückwärts vor deinem Pferd her, wenn ihr linke Hand startet, ist deine linke Hand dicht am Kappzaum und die rechte Hand führt die Gerte. Mit der Gertenspitze zeigst du über den Pferderücken auf die andere Seite zur Pferdehüfte. Du kannst du auch den Pferdekopf etwas Richtung Bande stellen, dann kommt die Hinterhand automatisch mehr Richtung Bahninneres. Wenn dein Pferd nicht reagiert, kannst du es leicht mit der Gerte berühren. Erst einmal reichen wenige Schritte und ihr haltet wieder an. Loben nicht vergessen! Achte auch hierbei darauf, dass dein Pferd ruhige gleichmäßige Schritte macht und nicht auf die innere Schulter fällt. Hat es die Übung verstanden, kannst du die Strecke länger werden lassen. Später reicht in der Regel das Zeigen mit der Gerte in Verknüpfung mit einem Stimmkommando. Hieraus lassen sich Travers, Traversalen und auch Pirouetten erarbeiten. Außerdem kann es dir beim „Einparken“ an der Aufstiegshilfe hilfreich sein.

Auch Zirkuslektionen wie der Spanische Schritt können das Programm ergänzen

Und wie geht’s weiter?

Mit diesen Übungen hast du einen optimalen Einstieg in die gymnastizierende Arbeit mit dem Kappzaum und es kann weiter gehen mit Seitengängen (Schulterherein, Travers, Renvers und Traversalen), Pirouetten oder den halben Tritten. Auch Zirkuslektionen können das Programm ergänzen. Du kannst statt einem Führseil für die Kappzaumarbeit auch Zügel ein schnallen und so dein Pferd schon mit dem äußeren Zügel vertraut machen. Falls dein Pferd noch kein Gebiss kennt, kannst du auch ein Gebiss mit einhängen und dein Pferd dieses fürs Erste nur mit spazieren tragen lassen. So kann es sich ganz sanft daran gewöhnen.

Aber jetzt viel Spaß beim Üben!
Fortsetzung folgt…

Blog-Beitrag von Andrea Blochwitz

 
{ 0 comments… add one }

Leave a Comment